„Urban live“ - Motive aus Köln neu inszeniert

17.06.2011

Unter dem Titel „Urban live“ wird bis 02. September im Kölner Haus- und Grundbesitzerverein von 1888 eine Ausstellung mit Werken von Jörg Extra gezeigt.

Es ist immer interessant zu spekulieren, inwiefern die Wahrnehmung von vertrauten Orten, in diesem Fall Plätze und Architekturmotive aus Köln, in der Malerei neu und spannend inszeniert wird.
Sicher erfordert das Leben in Köln eine besondere Haltung, die der inneren Taktung dieser Stadt entspricht, liberal und offen und ebenso vielseitig wie lebendig. Die Bilder dieser Ausstellung manifestieren die kriminalistische Instinkthaftigkeit und die kreative Offenheit mit der der Maler Jörg Extra auf Motivsuche gegangen ist. Kontrastreiche Architekturen, Baudenkmäler des 19. Jahrhunderts, exotisch anmutende Zirkusmotive und der Rheinauhafen mit markanten Kränen stehen für Stichworte und Symbole der Lebensvielfalt in Köln.
Weit entfernt von klassischen Tourismusmotiven wie dem Kölner Dom und den Romanischen Kirchen, sind im Bildrepertoire dieser außergewöhnlichen Ausstellung entspannte Passanten und kontrastreiche Kompositionen aus dem einfachen Material alltäglicher Großstadtreflexe und doppelbödigen Motivspiegelungen zusehen.
Nicht die Kleinteiligkeit des eigenes Veedels, sondern die gezielte Suche danach, eine vertraute Stadt neu zu entdecken und der gesteuerte Zufall einer meisterlich beherrschten malerischen Kunstfertigkeit, haben hier die Herrschaft übernommen. Die Eindrücke werden zuerst mit der Kamera festgehalten als sei diese ein Bildspeicher geworden, sein persönlicher Blick und die besondere Dioptrien eines Künstlerauges wählen die Dinge und Motive aus. Erst dieser erste Schritt macht die Bilder möglich, Bilder die eine sehr präzise atmosphärisch anmutende Distanz und Nähe zu atmen scheinen, die eine exakte Temperatur besitzen aber keine präzise Tageszeit. Es sind materialgenaue Schilderungen einer Architektur oder eines Kranes, die Ewigkeit atmen und trotz des überbetonten Grades der Präzision sehr stark surreal und irritierend wirken, es sind eben „extra Bilder“.

Der Stoff aus dem diese Wirklichkeiten gebaut wurden, ist Acryl auf Leinwand und die Einflüsterung höherer Wesen bei der Motivwahl.

Die weiteren doppelbödigen Besonderheiten und die auffallende Erweiterung der Bildwirklichkeit sind nach eigener Aussage der Tatsache geschuldet, dass der Künstler gerne das, was er macht, genau kontrolliert.

Der Künstler Jörg Extra spielt gerne mit den Möglichkeiten der Illusion, um die Realität mit ihren magischen und irritierenden Komponenten einzufangen.

Der dinglichen und psychologischen Inszenierung ist die gekonnte Steuerung des Zufalls dienlich, die ein Markenzeichen des Künstlers ist. Eine subtile Ruhe und beinahe undurchdringliche Gelassenheit prägen diese Bildwelten. Motive, wie die Hohenzollernbrücke als Spiegelung in Fensterscheiben, wiederzuentdecken und das Fremde im eigentlich Vertrauten, ist der besondere Reiz dieser Ausstellung.

Der Künstler spielt insbesondere mit Oberflächen und den bekannten Gegensatzpaaren Klarheit und Unschärfe, Glaubwürdigkeit und surrealer Bildwirklichkeit. Malerei als ein Forschungslabor einerseits und die klare Entfaltung einer Strategie des Neuentdeckens andererseits – also nicht nur Bilder, sondern auch philosophische Erkenntnisse – prägen dieses Kunsterlebnis.

Text: Ute Kaldune