Sommer-Pressekonferenz
18.08.2022Wohnraumbeschaffung wird in Köln für viele unmöglich
Es war eine Enttäuschung mit Ansage. Die Zahlen der Baufertigstellungen für Wohnungen in Köln sind mit 2.520 Einheiten ein weiteres Mal weit hinter den Bedürfnissen zurückgeblieben. Die Anzahl der genehmigten Wohnungen lag bei 3.330, davon 655 bei privaten Bauherren.
Mit einer Veränderung von minus 9 % gegenüber dem Vorjahr lassen die Genehmigungen schon jetzt nichts Gutes für die Baufertigstellungen im Jahr 2023 erahnen. Angesichts der derzeitigen Schwierigkeiten durch Baufinanzierung, Fachkräftemangel und Rohstoffknappheit werden viele dieser Bauvorhaben zurückgestellt oder aufgegeben.
Einen weiteren Rückschlag wird der Wohnungsneubau durch die Festlegung des Regionalplans erfahren. Bis zuletzt wurden im politischen Vorfeld Flächen aus der Vorlage der Bezirksregierung gestrichen.
Diese Voraussetzungen und die Tatsache, dass Köln es in 11 Jahren nur ein einziges Mal geschafft hat, mehr als 4.000 Wohnungen zu bauen, veranlasst den Kölner Haus- und Grundbesitzerverein, der Realität ins Auge zu sehen und festzustellen, dass es auch in Zukunft nicht möglich sein wird, die schon seit langem geforderten 6.000 Wohneinheiten pro Jahr fertigzustellen.
Vor allem von Seiten der Politik passen Worten und Taten nicht zusammen. Den politisch Verantwortlichen muss schon seit langem bewusst sein, dass ihr Handeln nicht dazu führen wird, den Wohnungsbau maßgeblich zu beflügeln.
Insofern geht der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein davon aus, dass die Politik schon seit Jahren nicht wirklich willens ist, der Verwaltung zu ermöglichen, deren Absichtserklärungen aus dem Wohnbaubündnis auch nur annähernd in die Tat umzusetzen zu können. Vor allem aber erwartet der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein vonseiten der Politik nun endlich das Bekenntnis, dass die Wohnraumversorgung in Köln für viele noch beschwerlicher wird und der Traum vom Eigenheim in Köln für die meisten nicht finanzierbar ist. Denn dies ist die logische und wissenschaftlich bewiesene Schlussfolgerung einer Politik, die nicht ausreichend Wohnraum schaffen kann.
Klima vs. Wohnungsbau?
Vor allem steht ein reduzierter Flächenverbrauch als oberstes politisches Ziel im Raum. Der Wohnraumbedarf soll vornehmlich durch Innenverdichtung erreicht werden. Gerade diese Innenverdichtung bringt jedoch erhebliche Nachteile mit sich, gegen die sich immer mehr Bewohner vor allem dichtbesiedelter Stadtteile wehren.
Allem voran ist die Hitzebelastung dicht bebauter Stadtteile zu nennen. Die Innenverdichtung kann nur mit nicht unwesentlicher Entnahme von unversiegelter Flächen, z.B. Innenhöfen, einhergehen. Die Idee, Innenverdichtung zeitnah nur auf Brachflächen abbilden zu können, ist realitätsfremd.
Weitere Beeinträchtigungen z.B. durch Starkregenereignisse werden durch die Innenverdichtung zunehmen.
Durch die unzureichende Bereitstellung von Wohnraum ziehen immer mehr Menschen außerhalb des Stadtgebietes. Nur noch bei den 18 bis 30-Jährigen hat Köln einen positiven Wanderungssaldo. Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein fragt sich daher, welche Umweltbelastungen im Saldo schädlicher sind: eine behutsame Inanspruchnahme von Flächen (auch Außenflächen) mit einer entsprechenden, ökologischen Stadtgestaltung oder die massive Zunahme von Pendlerströmen, vielfach auch per PKW? Eine abschließende Untersuchung hierzu ist dem Kölner Haus- und Grundbesitzerverein nicht bekannt.
Dabei darf es bei der Saldierung nicht nur um die städtische Betrachtung gehen. Denn jeder in Köln verhinderte Flächenverbrauch durch Wegzug stellt sich in einer anderen Gemeinde ggfls. noch durch viel höhere Flächeninanspruchnahme dar (geringere Grundstückskosten, höhere Verfügbarkeit an Grundstücksfläche etc.).
Hier zeigt sich, dass das auch in der Politik immer wieder geforderte Denken als Region in vielen Bereichen noch nicht existent ist.
Wohnnebenkosten
Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein macht sich vor allem angesichts der Entwicklung der Energiepreise Sorgen um die Entwicklung der Betriebskosten, allgemein auch als „zweite Miete“ bezeichnet, und damit der Bezahlbarkeit der Bruttomiete. Denn die Steigerung der Betriebskosten stellt schon lange jene der Nettokaltmieten in den Schatten. Köln hat dabei unter den deutschen A-Städten den unrühmlichen Spitzenplatz bei den kalten Betriebskosten (ohne Wärme). (Gutachten "Wohnnebenkosten in Deutschland 2021" IW Köln 2012).
Bis zu 40 % kann der Anteil der Betriebskosten an der Gesamtmiete ausmachen (Haus &Grund Wohnkostenbericht 2021). Dabei leistet die Stadt zur Steigerung einen nicht unerheblichen Beitrag. Mit stetiger Regelmäßigkeit steigen in Köln z.B. die Müllgebühren. Mittlerweile hat ein Großteil der Gebühren mit der eigentlichen Hausmüllentsorgung nichts mehr zu tun. Diese Kosten werden alleinig deshalb umgelegt, um den städtischen Haushalt zu entlasten. Der Bürger entlastet den Haushalt aber sogar doppelt, denn in den Gebühren stecken auch die Gewinne der AWB, die als Ausschüttung wieder zurück in die Stadtkasse fließen.
Den größten Teil der derzeitigen Betriebskosten machen die Energiekosten aus. Zusätzlich zur Preisanpassung durch die RheinEnergie kommt nun auch noch die Gasabgabe hinzu. Nicht nur Mieter, sondern auch Vermieter können hier in finanzielle Schwierigkeiten geraten, müssen doch die Vermieter in der Regel die erhöhten Ausgaben vorfinanzieren.
Eine schnelle Möglichkeit der Entlastung wäre die Reduzierung der Mehrwertsteuer auf Energie auf 7%. Denn an den erhöhten Energiekosten verdient der Staat überaus gut mit.
Auch die Stadt Köln hätte bei den Energiekosten durchaus Handlungsspielraum. So könnte Sie einmalig auf die Ausschüttung des Stadtwerkekonzerns verzichten, die fast ausschließlich aus den Gewinnen der RheinEnergie stammt. Im Gegenzug müsste die Preiserhöhung nicht so stark ausfallen.
Eine rühmliche Ausnahme stellen die Abwassergebühren dar, die seit dem Jahr 2017 konstant sind und sogar 36,3 Prozent unter dem NRW-Durchschnitt liegen. Nach Aussagen der StEB hat damit auch das Urteil des Oberverwaltungsgerichts Münster keine Auswirkung auf die Gebührenberechnung in Köln.
Angesichts der Lohn-Preis-Spirale, die aufgrund der hohen Inflationsrate wohl bald ins Rollen kommt, können wir uns in Zukunft weiter auf erhebliche Steigerungen bei Gebühren und damit auch Betriebskosten einstellen. Auch durch die Neuberechnung der Grundsteuer geht der Verein von steigenden Beträgen aus. Insofern fragt der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein Stadtverwaltung und Politik schon heute, wie man einer derartigen Entwicklung begegnen will.
Politik und Verwaltung haben Bürger aus dem Auge verloren
Derzeit erreichen den Verein vielfache Hilferufe. Es geht ausschließlich um ein bürgervergessenes Handeln von Politik und Verwaltung. Dabei zeigt sich nicht erst seit den u.g. Vorkommnissen, dass Politik und Verwaltung bei ihrer Beschlussfindung nicht willens sind, den Austausch mit den direkt Betroffenen zu suchen, sondern eine Politik „von oben herab“ betreiben.
Zwei aktuelle Bespiele:
Kalker Hauptstraße
Aus rein verkehrstechnischen Aspekten soll die Kalker Hauptstraße zu einer Einbahnstraße umgewandelt werden. Dies hätte nicht nur massive, negative Auswirkungen auf die Gewerbetreibenden, sondern auch auf die Immobilieneigentümer zufolge.
Hier wird eine ideologisch begründete Politik an sämtlichen Betroffenen vorbei betrieben, die massiven wirtschaftlichen Schaden für alle Beteiligten nach sich ziehen wird.
„Boulevard“ Aachener Straße
Die Bezirksvertretung hat beschlossen, den Gehweg Aachener Straße zu einem „Boulevard“ umzugestalten. Nach Aussage der IGs vor Ort wurde dieser Beschluss ohne vorherige Information der Anlieger getroffen. Gleiches konnte man bei der Ehrenstraße beobachten. Dabei befürchten Anlieger wie Gastronomen massiven, wirtschaftlichen Schaden bis hin zur Insolvenz.
Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein beobachtet schon seit längerem einen Politikstil, bei dem sich Politik anmaßt, „allwissend“ zu sein und somit den Austausch mit Fachleuten verweigert. Vor allem kann eine oft einseitige Sichtweise, z.B. aus verkehrs- oder umwelttechnischen Gründen, zu irreversiblen Schäden in anderen Belangen führen. Eine solche Politik gereicht nicht zum Wohle der Stadt Köln.
Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein fordert daher Politik und Verwaltung auf, in einen Dialog mit den entsprechenden Kompetenzträgern einzutreten, vor allem wenn es um die Vorbereitung von weitreichenden Beschlüssen geht.
Hochhauskonzept
Baudezernent Markus Greitemann hat vor kurzem seine Vorstellung bezüglich eines Hochhauskonzepts kundgetan. Hierzu nimmt der Verein wie folgt Stellung:
Der Kölner Haus- und Grundbesitzerverein wünscht sich zuerst eine schnelle Finalisierung des Konzepts, damit alle aktuellen und kommenden Hochhauspläne aufgrund einer politisch und gesellschaftlich abgestimmten Grundlage beschieden werden können.
Der Verein spricht sich des Weiteren für eine klare, allgemein verständliche und sehr konkrete Regelung aus. Nur unter diesen Voraussetzungen ist es Bauherren möglich, die Zulässigkeit eines Vorhabens von vorherein abzuschätzen. Keineswegs darf es wie bisher weiteren, individuellen Verhandlungsspielraum über das OB und WIE geben.
Köln kann es sich städtebaulich nicht leisten, weiterhin ein Sammelsurium aus Einzelgenehmigungen zu sein.