Köln anders gesehen
07.10.2020Wer an Köln denkt, dem könnten automatisch drei Bilder in den Kopf schießen: der Dom, der Alter Markt und der Rhein mit seinen Ausflugsschiffen. Kenner der Stadt würden vielleicht noch die romanischen Kirchen, das historische Rathaus, das Schokoladenmuseum oder die Philharmonie als Fotomotive dazuzählen.
Wer die Fotoausstellung von Boris Becker in der Vortragshalle des Kölner Haus- und Grundbesitzervereins am Hohenzollernring besucht, findet (fast) nichts dergleichen. Die großformatigen Aufnahmen von Kölner Motiven zeigen beispielsweise in einer Werkgruppe kleine Einfamilienhäuser, die je nach Gusto des Eigentümers gekachelt, mit Eternitplatten oder Imitatklinker verkleidet wurden. Diese Häuser stehen irgendwo in der Stadt und eigentlich ist es nicht erkennbar, dass es Köln ist. „Das ist eben das Spannende an dieser Ausstellung, denn ich wollte nie die großen glanzvollen Ansichten fotografieren, sondern eher das Unscheinbare“, sagt Boris Becker. Nun, den Dom konnte auch der Fotokünstler nicht ganz außer Acht lassen und so entdeckte er über die Jahre hinweg das Wahrzeichen Kölns immer wieder neu als Motiv.
Die Fotos entstanden über einen Zeitraum von mehr als drei Jahrzehnten und waren stets als Einzelbilder gedacht. Manche Gebäude verschwanden aus dem Stadtbild, so wie das ehemalige Kino der belgischen Rheinarmee aus den 50iger Jahren, welches an der Bergisch- Gladbacher Straße in Köln-Delbrück stand und dem Schnellrestaurant mit dem goldenen M weichen musste. Beckers Fotostil lässt es zu, dass jedes Objekt eine eigene Geschichte erzählen darf. Für den Betrachter ist es fast irrelevant, ob das Gebäude hier steht oder nicht, denn die Ausdruckskraft der Aufnahme spricht für sich.
Der Ursprung der Ausstellung — und der spätere Titel — lagen in der Zusammenstellung der Fotoedition „Kölner Ansichten“ speziell für den Kölner Haus- und Grundbesitzerverein. „Bevor ich überhaupt die anderen Fotos in meinem Archiv suchte“, erzählt Becker, „hatte ich schon die Aufnahmen für die Edition ausgewählt: die Bastei, die Rheinterrassen, den Nordturm des Doms, die alte Eishalle und die Betonbalkone in der Oper.“ So reifte die Idee zu einer größeren Werkschau heran, die nun bis zum 18. November in der Hauptgeschäftsstelle zu den bekannten Öffnungszeiten besucht werden kann.